Nostalgie... tut gut!
Der wehmütige Blick zurück in die Vergangenheit galt lange als Flucht vor der Gegenwart und wurde nicht selten in der Nähe depressiver Verstimmung eingeordnet. Jetzt erfährt die Nostalgie wissenschaftliche Rehabilitation. Wir hätten diesem Gefühl viel zu verdanken, sagt Sozialpsychologe Constantine Sedikides von der Universität Southampton. Der Pionier des neuen Forschungsgebietes fand in seinen Studien heraus, dass Nostalgie uns einen Vorrat an Hochgefühlen verschafft, von denen wir zehren können, wenn wir uns einsam fühlen. Doch nicht nur das, auch unser Selbstbewusstsein bekommt einen Schub.
Denn wer mit Sehnsucht zurückblickt, erfreut sich fast immer an Situationen in denen er sich mit anderen Menschen verbunden gefühlt hat und vergewissert sich so seiner sozialen Fähigkeiten. Wem einmal gute Beziehungen geglückt sind, dem werden sie auch in Zukunft wieder gelingen. Nostalgische Stimmungen bestätigen uns darin, dass das Leben lebenswert ist. Interessanterweise verstärkt der in ihnen enthaltene Schmerz, den das Bewusstsein der Vergänglichkeit auslöst, die positiven Effekte. Ungetrübt heiteres Erinnern wirkt längst nicht so wohltuend. Nostalgie ist also Medizin. Und wie bei jeder Medizin kommt es auf die Dosis an.
Sich drei bis vier Mal in der Woche der süßen Wehmut hinzugeben, fördere das Wohlbefinden, erklärt Constantine Selkidikes in einem Interview der Psychologie Heute. Eine Warnung hält der Wissenschaftler darin aber auch parat: "Bei Nostalgie geht es darum, in liebevoller Weise an Zurückliegendes zu denken, nicht die Vergangenheit gegen die Jetztzeit auszuspielen. Der Gedanke 'Früher war alles besser', ist Realitätsflucht, nicht Nostalgie." Wer diesen Rat beherzigt, darf unbesorgt in Vintageläden stöbern, Oldies lauschen oder am "Throwback Thursday" alte Fotos posten. Und die Nachwirkungen genießen.