Lesetipp: Auerhaus
"In the middle of our street: our house", Frieder und Höppner erwählen den Madness-Song zur Hymne ihrer frisch gegründeten WG im dauerkalten Haus des verstorbenen Großvaters. Sie bleiben nicht lange alleine. Auch einige Freunde haben gute Gründe, früher als üblich die Freiheit zu suchen. Ihr Ausbruch aus der Familie und der Konvention erregt Aufsehen im Dorf, mitten in der westdeutschen Provinz der 80er Jahre.
Als Leser sitzt man gerne mit am Küchentisch im Auerhaus. Weil so vieles vertraut erscheint. Weil man irgendwann genau solche Gespräche geführt hat. Autor Bov Bjerg gelingt eine Reminiszenz, die schnörkellos und warmherzig von einem Lebensabschnitt erzählt, in dem die Zeit sich noch dehnt und Freundschaften wichtiger sind als alles andere.
Die WG-Genossen probieren aus, was geht. Wie man sich beim Klauen im Supermarkt nicht erwischen lässt. Ob man eine Brandstifterin im Heuboden übernachten lassen kann. Wie sich mit der Schwulenszene feiern lässt. Nicht daran zu denken, dass viel zu bald die Musterung zur Bundeswehr droht und das Ende der Schulzeit!
"Wir hatten immer so getan, als ob das Leben im Auerhaus schon unser richtiges Leben wäre, also ewig", sagt Ich-Erzähler Höppner am Ende. Frieder sieht es klarer: "Du hast die Augen zu und treibst auf deiner Luftmatratze, ein sanfter Wind weht, und du denkst, geil, jetzt lebe ich für den Rest meines Lebens hier in dieser Lagune, in der Südsee. Und dann machst du die Augen auf und merkst, es ist bloß ein Nachmittag am Baggersee, und zack ist der auch schon vorbei".
Bov Bjerg: Auerhaus
Hardcover, 240 Seiten
Verlag: Blumenbar
18,00 Euro