Familiengeschichte erforschen: der Name
Die Beschäftigung mit dem Familiennamen ist eine gute Aufwärmübung für angehende Familienforscher. Denn es gibt nur ganze vier Möglichkeiten, ihn zuzuordnen und damit den Ahnen näher zu kommen, die vor 600 bis 800 Jahren gelebt haben. Er verrät Ihnen entweder den Beruf, der bestimmt über Generationen ausgeübt wurde, eine persönliches Merkmal, den Namen des Vorvaters oder den Herkunftsort der Familie. Beginnen wir mit der Entstehung der Familiennamen.
Aus eins mach zwei
"Pippin, lass das!" Im frühen Mittelalter genügte noch allein der Rufname, um einen Menschen unmissverständlich aufhorchen zu lassen. Doch Seyfrid, Wenzel, Notburga und Kunigunde verloren an Beliebtheit, die Namensvielfalt ging zurück. Schon um das Jahr 1000 machten Modenamen wie Anna und Katharina die Runde und eine eindeutige Identifizierung immer schwieriger. Zudem wuchs die Bevölkerung rasant. Es musste eine nähere Beschreibung her, ein Beiname.
Was die Nachbarn sagen
Ganz auf die einzelne Person bezogen, bezeichnen Beinamen - von Namenskundlern "Übernamen" genannt - meist Eigenschaften oder Eigenheiten. Aus dem "langen Hans" und der "stummen Else" wurden später Hans Lange und Else Stumm. Und weil Mitmenschen seit jeher ein besonderes Augenmerk auf Hautton und Haartracht legen, Friseure werden das bestätigen, gehören Schwarz, Braun und Krause zu den häufigsten Übernamen in Deutschland. Aber auch Kahl und Platte kommen vor.
Fritz wer?
Doch immer noch konnte der schwarze Fritz für die Nachbarn Fischers Fritze sein und ein Dorf weiter der Fritz aus Überlingen, kurz der Überlinger Fritz. Ob von immer demselben Schlawiner die Rede war, musste erst herausgefunden werden. Steuereintreiber etwa schätzten solche Unsicherheit nicht. Vom Zehnt und anderen Steuern ihrer Untertanen lebende Fürsten verordneten im Spätmittelalter, dass Namen vererbt würden. Zuerst im Süden, später im Norden, gehörte jetzt der Familienname verbindlich dazu.
Frisch geschmiedet und maßgeschneidert
Der Beruf, das sieht man in der Statistik, die von Müller, Schmidt und Schneider angeführt werden, war in den deutschsprachigen Ländern das populärste Unterscheidungsmerkmal. Gab es im Dorf doch immer nur eine Mühle und eine Schmiede. Und so kommt es, dass die Tätigkeit, der die Vorfahren zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert nachgingen, an ihre Nachkommen zumindest im Familiennamen weitergegeben wurde. Manche wie Hammacher, ein Synonym für Sattler, wollen aber erst identifiziert werden. Im Zweifelsfall ergibt eine Online-Recherche kombiniert mit den Suchbegriffen "Familienname" und "Beruf", ob der eigene Name in diese Kategorie gehört und um welche Tätigkeit es sich handelt.
Söhne für immer
Leichter haben es alle, deren Familiennamen zu den Vornamen gehört oder von einem abgeleitet ist. Dann handelt es sich um einen sogenannten "Rufnamen", selbstverständlich den eines Vorfahren. Auch in Deutschland leben, besonders wenn die Familie aus dem Norden stammt, viele -sens und -sons, Söhne von Karl, Nils und Sven. Der Name war lange Männersache, die Töchter haben, ausgenommen auf Island, das Nachsehen. Auch Sergejs Ururenkel beiderlei Geschlechts heißen noch heute Sergejewitsch. Im spanischen Sprachraum ist das ähnlich: Martinez kommt von Martin, Juanes von Juan. So steht man zumindest mit einem Urahnen auf Duzfuß.
Wo wir herkommen
Einen spannenden Ausgangspunkt für weitere Nachforschungen bieten alle "Herkunftsnamen", verraten sie doch, wo das "Stammland" der Familie zu vermuten ist. Wer Frankfurter oder Berliner heißt, muss nicht lange suchen. Wobei: Es gibt nicht nur ein Frankfurt und auch ein Berlin mit 600 Einwohnern. Gerade bei kleineren Orten besteht Verwechslungsgefahr. Ein Sonderfall des Herkunftsnamens ist der "Wohnstättenname", der innerhalb einer Ortschaft Bewohner unterschied. Der Bachmann wohnte wahrscheinlich in der Nähe vom Müller, der Feldbusch war vielleicht Nachbar vom Bauer. Regionale Rückschlüsse lassen sich in diesem Fall nicht ziehen. Hier müssen Kirchenbücher weiterhelfen. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Der Lesetipp zum Thema: "Professor Udolphs Buch der Namen: Woher sie kommen - Was sie bedeuten" verfasst von Jürgen Udolph, dem einzigen Professor für Namensforschung in Deutschland, erschienen bei C. Bertelsmann, Preis: 15,90 Euro.